Bei einem Todesfall gilt es, trotz aller Trauer an einiges zu denken. Sobald Sie bei einer Bank, Behörde oder Versicherung nachweisen müssen, dass Sie Erbe geworden sind, brauchen Sie häufig einen Erbschein.
Was einen Erbschein so wertvoll macht: Der Erbschein dient der Sicherheit im Rechtsverkehr. Grundsätzlich kann jeder, dem ein Erbschein vorgelegt wird, davon ausgehen, dass dieser richtig und vollständig ist.
Wie stelle ich fest, ob ich einen Erbschein benötige?
Stellen Sie zunächst einmal fest, ob Sie einen Erbschein benötigen, denn wenn Sie Ihre Erbenstellung zweifelsfrei durch andere Dokumente, z.B. ein notarielles Testament oder einen notariellen Erbvertrag, nachweisen können, ist kein Erbschein erforderlich. Er wird vom deutschen Recht nicht ausdrücklich verlangt (BGH, Urteil vom 8.10.2013, Az. XI ZR 401/12).
Geschäftsbedingungen von Banken, die dennoch einen Erbschein verlangen, sind unzulässig (OLG Hamm, Urteil vom 1.10.2012, Az. I-31 U 55/12).
Dasselbe gilt für eine nach einem Erbfall notwendige Grundbuchberichtigung, wenn sich die Erbfolge aus einer dem Grundbuchamt vorliegenden öffentlichen Testamentsurkunde ergibt. Das Grundbuchamt hat die Testamentsurkunde auszulegen und kann nur bei einem weiterhin klärungsbedürften Sachverhalt auf der Vorlage eines – kostenpflichtigen – Erbscheins bestehen (OLG Hamm, Beschluss vom 26.7.2013. Az. 15 W 248/13).
In klaren Erbfolgefällen müssen Banken auch ein privates Testament als Nachweis für das Erbrecht akzeptieren und dürfen den Erben keinen – kostenpflichtigen – Erbschein abverlangen (BGH, Urteil vom 5.4.2016, Az. XI ZR 440/15). In dem entschiedenen Fall hatte der hinterbliebene Ehemann ein handschriftliches gemeinsames Testament vorgelegt, in dem er und seine Frau sich gegenseitig zu Erben eingesetzt hatten.
Auch eine postmortale Konto- oder Vorsorgevollmacht macht einen Erbschein oft überflüssig.
Wichtig: Hatte der Erblasser eine Lebensversicherung abgeschlossen und einen Bezugsberechtigten benannt, leistet der Versicherer an diesen auch ohne Erbschein. Die Versicherungssumme fällt hier nicht in den Nachlass.
Es kann also durchaus vorkommen, dass Sie gar keinen Erbschein brauchen. Deshalb handelt das Nachlassgericht hier nur auf Ihren Antrag hin.
Beachten Sie vor allen Dingen, dass ein Antrag auf Erbscheinerteilung gleichzeitig die Annahme der Erbschaft bedeutet. Informieren Sie sich deshalb unbedingt vorab, was Sie Erben würden und überlegen Sie, ob Sie die Erbschaft wirklich annehmen wollen.
(Quelle Akademische Arbeitsgemeinscht)