Inhaltsverzeichnis
1. Minijob, Mindestlohn
2. Abfindung, Zusammenballung von Einkünften
3. Abgeltungssteuer verfassungswidrig?
4. Ehrenamt - steuerliche Freibetragspauschale
5. Kinderbetreuungskosten bei getrennt lebenden Eltern
6. Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete
7. Erbschein - nicht immer erforderlich
8. Vorzeitige Rente – Ausgleich der Rentenminderung
1. Minijob, Mindestlohn
Die Höchstgrenze für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung (Geringfügigkeitsgrenze) beträgt seit dem Jahr 2013 unverändert 450 € monatlich, während die durchschnittlichen Löhne und Gehälter seither deutlich gestiegen sind. Die Politik hat sich der Situation nun angenommen und entsprechende Anpassungen vorgenommen.
Zum 1.10.2022 erhöht sich die Geringfügigkeitsgrenze für einen Minijob auf 520 € im Monat. Dieser Betrag orientiert sich an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen. Damit passt sich der Betrag auch dem gestiegenen Mindestlohn an. Dieser wird zum gleichen Zeitpunkt auf einen Bruttostundenlohn von 12 € erhöht. Zu den Anpassungen gehört auch die Neufestsetzung der Beträge für einen Midijob. Dieser liegt ab dem 1.10.2022 vor, wenn ein Arbeitnehmer im Monat zwischen 520 € und 1.600 € verdient. Dazu wird der Arbeitgeberbeitrag oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze zunächst auf die für einen Minijob zu leistenden Pauschalbeiträge in Höhe von 28 % angeglichen und gleitend auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag abgeschmolzen.
2. Abfindung, Zusammenballung von Einkünften
Entsteht in einem Veranlagungszeitraum unüblicherweise eine Zusammenballung von bestimmten Einkünften, wie etwa eine einmalige Entschädigungszahlung des Arbeitgebers, können außerordentliche Einkünfte vorliegen, die im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ermäßigt zu besteuern sind.
Ein Arbeitnehmer verlor aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen seinen bisherigen Arbeitsplatz. Das Arbeitsverhältnis sollte an einem bestimmten Tag enden. Würde er vorher eine Neuanstellung finden, stünde ihm eine Zusatzabfindung zu. So kam es letztendlich auch. Der Arbeitnehmer erhielt daraufhin eine Sozialplanabfindung, im darauffolgenden Jahr eine Zusatzabfindung sowie eine Starterprämie. Für die Entschä- digungszahlungen begehrte er den Ansatz als außerordentliche Einkünfte. Dies wurde ihm jedoch erst durch das Finanzamt und schließend vom Finanzgericht untersagt. Für den Ansatz als außerordentliche Einkünfte müsste eine Zusammenballung vorliegen, da die Zahlungen aber innerhalb von zwei statt einem Veranlagungszeitraum erfolgten, ist eine Zusammenballung nicht gegeben. Da alle Zahlungen aufgrund desselben Ereignisses ausgezahlt wurden – der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – liegt nicht jedes Jahr nur ein Ereignis mit entsprechender Entschädigung vor, sondern insgesamt eine einheitliche Leistung, die sich auf zwei Jahre erstreckt. Würden Entschädigungen aufgrund mehrerer Schadensereignisse anfallen, würden mehrere Leistungen vorliegen und für sich zu beurteilen sein. Somit wurde zu Recht entschieden, dass es an einer Zusammenballung fehlt, so der Bundesfinanzhof.
3. Abgeltungssteuer verfassungswidrig?
Das FG Niedersachsen ist davon überzeugt, dass die Anwendung der Abgeltungsteuer, also der Ansatz des abgeltenden Steuersatzes von 25 %, gegen die in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verankerte Vorgabe der Gleichbehandlung aller Einkunftsarten und einer gleichmäßigen Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit verstößt und daher verfassungswidrig ist.
Die Abgeltungsteuer, so das Gericht, führe zu einer Ungleichbehandlung zwischen Beziehern privater Kapitaleinkünfte und den übrigen Steuerpflichtigen:
Abgeltungsteuer: Jetzt muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden
Das FG Niedersachsen hat das Klageverfahren jetzt erst einmal ausgesetzt (dazu ist es bei Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit verpflichtet) und holt nun die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber ein, »ob § 32d Abs. 1 EStG in Verbindung mit § 43 Abs. 5 EStG in den in den Jahren 2013, 2015 und 2016 geltenden Fassungen insoweit mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar sind, als dass sie für Einkünfte aus privaten Kapitalerträgen einen Sondersteuersatz in Höhe von 25 % mit abgeltender Wirkung vorsehen«. (FG Niedersachsen, Beschluss vom 18.3.2022, Az. 7 K 120/21)
Auf die Jahre 2013, 2015 und 2016 beziehen sich die Richter, weil es im zugrunde liegenden Fall um diese Jahre geht.
(Quelle Akademische Arbeitsgemeinschaft)
4. Ehrenamt - steuerliche Freibetragspauschale
Ein Freibetrag in Höhe von 720 Euro steht ehrenamtlich Tätigen zu, die nebenberuflich im Dienst oder Auftrag einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in
Deutschland oder einem anderen Staat der EU bzw. des EWR, eines gemeinnützigen Vereins oder einer karitativen Organisation tätig sind und damit Einnahmen erzielen.
Begünstigt sind beispielsweise Vorstandsmitglieder und Schatzmeister von gemeinnützigen Vereinen, Platzwarte bei gemeinnützigen Sportvereinen, Platzanweiser im Stadttheater oder in einem
gemeinnützigen Kulturverein usw.
Wichtig: Die Ehrenamtspauschale wird vom Finanzamt nur gewährt, wenn tatsächlich eine Aufwandsentschädigung für die ehrenamtliche Tätigkeit ausgezahlt wird. Der Freibetrag kann
sich auch nur bis zur Höhe dieser Einnahmen auswirken. Wer also unentgeltlich sein Ehrenamt z.B. bei einem Verein ausübt, hat von dem Freibetrag nichts.
5. Kinderbetreuungskosten bei getrennt lebenden Eltern
Lebt ein uneheliches Kind gleichwertig im Wechsel in den Haushalten beider getrennt lebender Elternteile, gibt es oft Streit, wer die Steuervergünstigungen dafür beanspruchen kann. In einer Revision beim BFH geht es um den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Sonderausgabenabzug für die Kinderbetreuungskosten.
Die Vorinstanz hatte diese Fragen wie folgt entschieden (Thüringer FG, Urteil vom 23.11.2021, Az. 3 K 799/18; Az. der Revision beim BFH: III R 1/22):
(Quelle: Akademische Arbeitsgemeinschaft)
6. Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete
Vermieten Sie eine Wohnung unter dem Marktpreis, können Sie nur dann alle Werbungskosten steuerlich geltend machen, wenn Sie die ortsübliche Marktmiete um nicht mehr als 50% unterschreiten. Streitigkeiten gibt es dabei immer wieder darüber, wie die Marktmiete ermittelt werden muss.
Für gewöhnlich wird dazu der örtliche Mietspiegel herangezogen. Liegt kein Mietspiegel vor, gibt es die Möglichkeit, vergleichbare Wohnungen als Maßstab heranzuziehen. Wie im konkreten Fall die Vergleichsmiete ermittelt werden musste, hatte der Bundesfinanzhof zu entscheiden.
Verbilligte Vermietung an die Tochter
Im entschiedenen Fall besaß die Steuerpflichtige ein Mehrfamilienhaus, in dem sie eine Wohnung verbilligt an ihre Tochter vermietete. Im selben Haus gab es eine gleich große und ähnlich ausgestattete Wohnung, die an eine fremde Person vermietet war.
Fremdvergleich bei verbilligter Vermietung
Bei Prüfung der Vergleichsmiete stellte das Finanzamt auf die Miete für die im gleichen Haus gelegene fremd vermietete Wohnung ab und kam zu dem Ergebnis, dass die der Tochter überlassene Wohnung zu einem zu geringen Preis vermietet war, weshalb der volle Werbungskostenabzug versagt wurde. Die Immobilieneigentümerin wandte sich gegen diese Einschätzung und brachte als Vergleichsmaßstab den örtlichen Mietspiegel bei, nach dem die Mietuntergrenze eingehalten worden wäre.
In der ersten Instanz vor dem Finanzgericht Thüringen unterlag sie. Auch das Gericht zog als Vergleichsmaßstab die im gleichen Objekt gelegene Vergleichswohnung heran und kam zum Ergebnis, dass die Mietuntergrenze unterschritten worden war.
BFH: Vergleich erfolgt vorrangig nach Mietspiegel
Der Bundesfinanzhof widersprach dem Finanzgericht und dem Finanzamt. Vergleichsmaßstab für die ortsübliche Vergleichsmiete ist die Nettokaltmiete zuzüglich Betriebskosten, also die sogenannte Warmmiete. Zu der Ermittlung dieser Warmmiete als Vergleichsmaßstab liegen zahlreiche Urteile des Bundesfinanzhofs vor. Danach ist vorrangig der Mietspiegel heranzuziehen. Dieser ist nur dann nicht anwendbar, wenn er veraltet ist oder gravierende methodische Fehler aufweist. Dies muss aber von demjenigen, der die Nichtanwendbarkeit des Mietspiegels geltend macht, auch belegt werden.
Im vorliegenden Fall wies der Mietspiegel eine Spanne aus, innerhalb derer sich die Marktpreise für vergleichbare Wohnungen bewegen. Die Angabe einer solchen Mietspanne spiegelt die Tatsache wider, dass sich auch für Objekte gleicher Art, Lage und Ausstattung unterschiedliche Preise am Markt entwickeln. Bei Festsetzung der Mietgrenze für die vollständige Abziehbarkeit der Werbungskosten der vergünstigt überlassenen Immobilie darf sich der Steuerpflichtige allerdings auch auf den oberen Wert der Mietspanne berufen. Nach Ansicht der obersten Finanzrichter dürfen alle Werte des Mietspiegels als gleich wahrscheinlich und angemessen angesehen werden.
Überlassen Sie eine Immobilie vergünstigt an Angehörige, prüfen Sie die Unterschreitung der Mietuntergrenze für den vollen Werbungskostenabzug anhand des örtlichen Mietspiegels. Gibt es keine begründeten Anlässe, den Mietspiegel nicht als Vergleichsgrundlage heranzuziehen, dürfen Sie diesen verwenden.
Dabei ist auch nicht zu beanstanden, wenn nicht der niedrigste Wert einer angegebenen Mietspanne angesetzt wird, sondern eher ein Wert im oberen Bereich der Mietspanne. Sie sollten jedoch die Miete nicht zu gering ansetzen und den geringstmöglichen Mietzins nicht unterschreiten (BFH-Urteil vom 22.2.2021, Az. IX R 7/20).
(Quelle: akademische Arbeitsgemeinschaft)
7. Erbschein - nicht immer erforderlich
Bei einem Todesfall gilt es, trotz aller Trauer an einiges zu denken. Sobald Sie bei einer Bank, Behörde oder Versicherung nachweisen müssen, dass Sie Erbe geworden sind, brauchen Sie häufig einen Erbschein.
Was einen Erbschein so wertvoll macht: Der Erbschein dient der Sicherheit im Rechtsverkehr. Grundsätzlich kann jeder, dem ein Erbschein vorgelegt wird, davon ausgehen, dass dieser richtig und vollständig ist.
Wie stelle ich fest, ob ich einen Erbschein benötige?
Stellen Sie zunächst einmal fest, ob Sie einen Erbschein benötigen, denn wenn Sie Ihre Erbenstellung zweifelsfrei durch andere Dokumente, z.B. ein notarielles Testament oder einen notariellen Erbvertrag, nachweisen können, ist kein Erbschein erforderlich. Er wird vom deutschen Recht nicht ausdrücklich verlangt (BGH, Urteil vom 8.10.2013, Az. XI ZR 401/12).
Geschäftsbedingungen von Banken, die dennoch einen Erbschein verlangen, sind unzulässig (OLG Hamm, Urteil vom 1.10.2012, Az. I-31 U 55/12).
Dasselbe gilt für eine nach einem Erbfall notwendige Grundbuchberichtigung, wenn sich die Erbfolge aus einer dem Grundbuchamt vorliegenden öffentlichen Testamentsurkunde ergibt. Das Grundbuchamt hat die Testamentsurkunde auszulegen und kann nur bei einem weiterhin klärungsbedürften Sachverhalt auf der Vorlage eines – kostenpflichtigen – Erbscheins bestehen (OLG Hamm, Beschluss vom 26.7.2013. Az. 15 W 248/13).
In klaren Erbfolgefällen müssen Banken auch ein privates Testament als Nachweis für das Erbrecht akzeptieren und dürfen den Erben keinen – kostenpflichtigen – Erbschein abverlangen (BGH, Urteil vom 5.4.2016, Az. XI ZR 440/15). In dem entschiedenen Fall hatte der hinterbliebene Ehemann ein handschriftliches gemeinsames Testament vorgelegt, in dem er und seine Frau sich gegenseitig zu Erben eingesetzt hatten.
Auch eine postmortale Konto- oder Vorsorgevollmacht macht einen Erbschein oft überflüssig.
Wichtig: Hatte der Erblasser eine Lebensversicherung abgeschlossen und einen Bezugsberechtigten benannt, leistet der Versicherer an diesen auch ohne Erbschein. Die Versicherungssumme fällt hier nicht in den Nachlass.
Es kann also durchaus vorkommen, dass Sie gar keinen Erbschein brauchen. Deshalb handelt das Nachlassgericht hier nur auf Ihren Antrag hin.
Beachten Sie vor allen Dingen, dass ein Antrag auf Erbscheinerteilung gleichzeitig die Annahme der Erbschaft bedeutet. Informieren Sie sich deshalb unbedingt vorab, was Sie Erben würden und überlegen Sie, ob Sie die Erbschaft wirklich annehmen wollen.
(Quelle Akademische Arbeitsgemeinscht)
8. Vorzeitige Rente – Ausgleich der Rentenminderung
Versicherte, die die Voraussetzungen für eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen erfüllen, können vor Erreichen der regulären Altersgrenze in Rente gehen. Allerdings fällt die Rente dann geringer aus: Für jeden Monat, den sie die Rente früher beziehen, nehmen sie einen Abschlag von 0,3 Prozent in Kauf. Mit Sonderzahlungen können diese Abschläge aber ausgeglichen werden.
Wenn Sie zum Beispiel eine um zwei Jahre vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen, müssen Sie Rentenabschläge von (0,3 x 24 =) 7,2 Prozent einkalkulieren. Die
Abschläge beziehen sich dabei auf die Rentenansprüche, die sie bei Renteneintritt erreicht haben und werden lebenslang erhoben.
Auf Wunsch erhalten Versicherte ab dem 50. Lebensjahr eine besondere Rentenauskunft zum Ausgleich der Rentenminderung von ihrem Rentenversicherungsträger. Sie informiert über die Rentenhöhe zum gewünschten vorzeitigen Rentenbeginn, die Höhe der daraus entstehenden Rentenminderung und über den Betrag, der zum Ausgleich der Rentenminderung geleistet werden kann.
Ab 50 ist es möglich zu beginnen, diese Abschläge „abzukaufen“. Paragraf 187a SGB VI bietet die Möglichkeit, diese Rentenabschläge langfristig auszugleichen.
Hier gelten sogar großzügigere Regeln als bei freiwilligen Beiträgen. So können also zum Beispiel auch pflichtversicherte Arbeitnehmer 20.000 Euro und mehr auf einen Schlag einzahlen, es gibt hier keine fest fixierte Obergrenze für die Zahlungen (limitiert jedoch auf die Vorausberechnung der DRV Berlin nach Antragstellung)
So beantragen Sie die Auskunft:
V0210 - Antrag auf Auskunft über die Höhe der Beitragszahlung zum Ausgleich einer Rentenminderung bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters (zu finden auf der Internetseite der DRV Bund)
Die Höhe dieses Betrags wird für jeden Versicherten individuell ausgerechnet. Dieser Berechnung liegt eine Prognose der Rentenversicherung über die bis zum regulären Rentenalter erreichbaren Entgeltpunkte zugrunde. Für eine einigermaßen gesicherte Prognose sollte der Arbeitgeber des Versicherten einschätzen, wie sich das Einkommen des Versicherten künftig entwickelt. Danach wird im Formular der Rentenversicherung gefragt Wenn jemand keinen Arbeitgeber hat oder wenn der Arbeitgeber keine Prognose abgeben will, wird der aktuelle Verdienst in die Zukunft fortgeschrieben.
Die Einzahlungen sind freiwillig. Das heißt, die Rentenabschläge müssen nicht in voller Höhe ausgeglichen werden. Nach Erhalt der Rentenauskunft können Versicherte selbst entscheiden, ob und wie viel sie einzahlen wollen.
Diese Einzahlungen sollten mit Ihren steuerlichen Möglichkeiten abgeglichen werden. Beiträge in die gesetzliche Rentenkasse können nämlich genau wie die privaten Beiträge in eine Rürup- oder Basis-Rente zumindest teilweise von der Steuer abgesetzt werden. Bitte holen Sie sich hierzu eine Auskunft bei Ihrem Steuerberater ein.
Wer im Nachhinein doch nicht vorzeitig in Rente geht, erhält für die Zusatzbeiträge eine entsprechend höhere Rente.
Wichtig zu beachten: Wird das Geld mal knapp, können die eingezahlten freiwilligen Beiträge nicht wieder erstattet werden.
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